Sich den ganzen Tag, die Probleme von anderen Menschen anzuhören?
Nervt dich das nicht?
Zieht das nicht total viel Energie?
Wie grenzt du dich da ab?
Diese Fragen kriege ich ziemlich oft gestellt und ich hab beschlossen, sie hier jetzt mal ganz öffentlich zu beantworten.
Außerdem finde ich das ein spannendes Format. Ich liebe Fragen und sie inspirieren mich unglaublich.
Hast du also eine Frage an mich: stell sie mir (am besten am Ende des Artikels in die Kommentare oder per Mail an befreit@generose-sehr.com) und ich beantworte sie in einem Blogartikel.
Nein! Es ist nicht anstrengend für mich. Es nervt mich nicht und es kostet mich auch keine Energie – also nicht mehr Energie, als ich für andere Dinge am Tag auch brauche. (Putzen kostet mich wesentlich mehr Energie, das kann ich dir sagen 😉)
Abgrenzung ist für mich in diesem Fall nicht notwendig bzw. etwas, was durch meine Grundhaltung automatisch passiert.
Die folgenden drei Punkte sind für mich und meine Arbeit wesentlich und führen dazu, dass ich wirklich voll und ganz in meinem Job aufgehe und am Abend zwar müde, aber nicht ausgelaugt oder ausgesaugt bin.
Ich arbeite nur mit Menschen, die etwas verändern wollen
Das ist für mich DER wichtigste Punkt überhaupt. Denn Menschen, die etwas verändern wollen, streben nach Handlungsfähigkeit und sind auf der Suche nach Lösungen. Sie wünschen sich einen konstruktiven Blick auf ihr Thema und ihre Herausforderungen.
Die Suche nach Möglichkeiten und neuen Wegen ist unglaublich stärkend. Es ist ein kreativer Prozess, in dem wir die Scheuklappen öffnen, unsere Begrenzungen hinten anstellen und in unser Potential eintauchen.
Natürlich kommen die Menschen mit einem Thema, einer Herausforderung, einem Problem zu mir. Oft befinden sie sich in einer scheinbar ausweglosen Lage. Aber sie kommen nur zu mir, weil sie irgendwo in ihrem Inneren die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben, dass es da doch noch eine Lösung gibt.
Es gibt aber auch eine andere Sorte von Menschen.
Sie wollen zwar Aufmerksamkeit für ihr Problem, haben aber im Grunde kein Bestreben, etwas an ihrer Situation oder ihrem Zustand zu ändern.
Das hat meist seine Gründe. Denn Aufmerksamkeit über Leiden / Schwäche / Krankheit zu bekommen ist in unserer Gesellschaft sehr üblich.
Für viele ist diese Form der Aufmerksamkeit so essentiell (in der Kindheit angelegt), dass sie das nicht aufgeben können, weil sie sonst ihren stärksten Überlebensmechanismus (ich werde nur geliebt, wenn es mir schlecht geht) aufgeben würden.
Diese Menschen verharren in der Opferhaltung und bestehen quasi darauf, ihr Problem zu behalten.
Dass es schwierige Phasen gibt, Frustration, Stagnation und ausführliches “auf-dem-Schlauch-stehen”, darüber müssen wir nicht reden. Das passiert jedem Menschen und das ist völlig normal. Aber es geht immer um die dahinterliegende Grundhaltung.
Mit Menschen zu arbeiten, die in Wirklichkeit nichts ändern wollen, das kostet Energie. Und deshalb arbeite ich nur mit Menschen, die bereit sind, ihren eigenen neuen Weg zu erschaffen.
Ich bewohne mich und mein gesamtes Energiefeld mit meiner Energie
Komischer Satz beim ersten Lesen, gell?
Lass mich ein Bild zeichnen:
Stell dir vor, dein Körper bzw. dein Energiefeld ist wie ein Haus. In deinem Haus kennst du jede Ecke, du weißt genau, wo was steht und du merkst jede kleine Veränderung. In jedem Raum ist erkennbar, dass DU hier wohnst. In deinem Garten ist es genauso. Wenn du gehst, machst du die Fenster zu, schließt die Haustür ab und verriegelst den Zaun.
Genauso sollte es mit unserer Energie in unserem Körper sein. Wenn wir wirklich präsent sind, dann füllen wir mit unserer Energie unseren gesamten Körper und auch unser um uns liegendes Energiefeld aus. Sind wir mal nicht zu Hause (was genau genommen nur bei Narkosen vorkommen sollte), dann müssen wir nachher einen Kontrollgang machen, unsere eigene Energie wieder zurückholen und – falls es notwendig sein sollte – Eindringlingen die Tür weisen.
Das ist aus meiner Sicht die Voraussetzung, um Menschen zu begleiten.
Denn, wenn ich wirklich präsent bin, dann…
… weiß ich genau, wie es mir heute geht. Ich kenne meine Themen und meine eigenen Baustellen. Das bewahrt mich davor, Gefühle, Zustände von anderen Menschen zu übernehmen und ich laufe weniger Gefahr, mein eigenes Zeug auf die anderen zu projizieren.
… ist mein System völlig mit meiner Energie ausgefüllt. Das heißt, da ist kein Platz für die oft genannten Fremdenergien. Es ist ein völlig natürlicher Schutz. Deshalb muss ich mich dann auch nicht extra abgrenzen.
… übernehme ich Verantwortung für mich, mein Leben und meine Energie. Genauso gestehe ich anderen Menschen zu, dass sie das für sich tun. Und wenn Selbstverantwortung auf Selbstverantwortung trifft, dann kann jede:r in der eigenen Energie bleiben.
… kenne ich meinen Grundzustand und kann beobachten, was sich verändert, wenn mein System mit einem anderen in Resonanz geht. Das gibt mir wertvolle Informationen über den Zustand meines Gegenübers und ich kann – ohne irgendwelche Gefühle oder Zustände zu übernehmen – mitfühlend begleiten oder auch spiegeln.
Meine Energie gehört mir
Im Idealfall kann ein anderer Mensch mit meiner Energie nichts anfangen. Und es ist auch überhaupt nicht notwendig, irgendjemandem Energie zu schicken oder Energie in eine Begleitungssituation hineinzugeben.
Die pure offene und präsente Anwesenheit ist viel heilsamer als jede Form von Energieaustausch.
Denn schließlich möchte ja grundsätzlich jeder Mensch mit der eigenen Energie sein Leben führen und nicht – wie ein Vampir – auf die Energie anderer Menschen angewiesen sein.
Also sollte es auch in der Begleitung von Anfang an darum gehen, dass jede/r möglichst in der eigenen Energie ist und lernt, diese zu halten, zu wahren und auch wieder aufzufüllen, falls sie doch mal irgendwo zwischendurch verloren geht.
Das Konzept des Energieaustausches ist in unserer Gesellschaft sehr weit verbreitet – vor allem in Beziehungen oder eben auch in der Heiler:innen-Szene.
Früher habe ich sehr viel Gesang unterrichtet und war nach einem Unterrichtstag vollkommen ausgelaugt und fix und fertig. Das lag daran, dass ich immer Energie in die Stunden gegeben habe. Ich habe versucht, mit meiner Energie, die Probleme und Herausforderungen meiner Schüler:innen zu lösen. Im Lauf der Zeit bin ich umgestiegen und habe geschaut, dass ich meine Energie für mich behalte, den Schüler:innen aber den Raum öffne, um Erfahrungen und Experimente zu machen. Einen Raum, in dem alles ok ist. Alle Gefühle, alle Gedanken, Ausprobieren, Scheitern… einfach alles.
Dadurch war es den Menschen möglich, an ihre eigene Energie zu kommen, sich selbst zu spüren (und nicht nur mich, die völlig überpräsent war) und wirkliche Fortschritte von innen heraus zu machen.
Und ich hatte am Ende des Tages noch all meine Energie und konnte problemlos zig Stunden am Stück unterrichten.
Genauso handhabe ich es heute in meiner Begleitung. Ich öffne den Raum. Ich mache Angebote, ich nutze meine Intuition für Impulse, Fragen und Vorschläge.
Ich bin 100%ig da und bleibe gleichzeitig mit meiner Energie bei mir.
Ja, manchmal passiert es mir noch, dass ich in alte Muster zurückfalle oder glaube, jemandem helfen zu müssen, der oder die sich eigentlich gar nicht helfen lassen will.
Unter anderem deshalb habe ich das Wort “helfen” bei mir durch “unterstützen” ersetzt.
Ist eine Kleinigkeit, erinnert mich aber selbst immer wieder dran, dass all meine Klient:innen selbst für die Lösung ihrer Themen und Herausforderungen zuständig sind.
Ich gehe MIT, aber nicht FÜR sie.
Ich bin da. Wertschätzend statt wertend. Es gibt keine Tabus. Nichts, was nicht gesagt, gefühlt oder gezeigt werden kann.
Weil ich bei mir bin, kann jeder Mensch in meiner Anwesenheit bei sich sein.
Weil dieses “zu sich finden” und “bei sich sein” nur unter diesen Voraussetzungen funktioniert, ist meine Begleitungsarbeit für mich nicht anstrengend.
Im Gegenteil – es ist meine Absicherung für meine Energie und damit für mich selbst heilsam und stärkend.
Hast du eine Frage an mich, die ich hier in einem Blogartikel beantworten soll? Dann stell sie mir gerne direkt hier in den Kommentaren oder schreib mir eine Email an befreit@generose-sehr.com
Im Moment bin ich zwar in der Babypause, also vielleicht dauert es ein bisschen, aber ich freu mich auf jeden Fall über jede einzelne Frage!!!
Generose Sehr
Sängerin und Spezialistin für den emotionalen Deep Shit
Ich brenne dafür, Menschen dabei zu unterstützen ihren ureigenen Weg zu finden und echtes Selbst-Bewusst-Sein zu entwickeln – abseits von Gesellschaftsmustern, familiären Prägungen und „das macht man halt so“. Mein Herz schlägt für Visionär*innen und Menschen, die das Gefühl haben, in unserer Gesellschaft fehl am Platz zu sein.
Ich selbst bin Entwicklungsjunkie und süchtig nach neuem Wissen und neuen Erfahrungen. Das hat dazu geführt, dass ich nach meinem Studium in Gesangspädagogik noch eine Ausbildung in Craniosaraler Körperarbeit und den Epigenetik Coach angehängt habe und da stehen noch ein paar mehr Dinge auf meiner Liste.
Ich schreibe hier über transgenerationale Vererbung, frühkindliche und pränatale Prägungen und wie sich das auf unser Leben auswirkt. Außerdem erzähle ich gerne meine eigenen Geschichten (oder die meiner Klient*innen), um zu zeigen, wie wir den alltäglichen Herausforderungen des Lebens begegnen können.
Liebe Generose,
toll zusammengefasst, sehr gute Antwort, resoniert mit mir und hat mir einen Impuls gegeben, ob es nicht doch auch als Lehrerin möglich ist, meine Energie mehr bei mir zu lassen und den Kindern mehr Raum zu geben. Theoretisch natürlich ja, sofort, aber da geht’s halt um Verantwortung, Kontrolle usw. Gar nicht so einfach in der Praxis.
Vielen lieben Dank dafür!
Herzliche Grüße
Carolin
Liebe Carolin, danke dir für dein Feedback. Das freut mich sehr. Ja, ich stimme dir zu, dass es in der Praxis eine ziemliche Herausforderung ist, vor allem, weil wir alle anders sozialisiert sind. Gute Arbeit ist oft in unserem System verknüpft mit einem hohen Energieaufwand. Aus meiner Beobachtung und Erfahrung steht aber Verantwortung, Kontrolle und Fürsorge für eine ganze Gruppe überhaupt nicht gegen das Prinzip, die eigene Energie für sich zu behalten. Es ist aber sehr viel Übungssache. Und wenn die Gruppe oder das Gegenüber gewohnt ist, dass wir viel Energie reingeben, dann ist es natürlich auch für sie eine Umstellung, die Zeit und Geduld braucht. Aus meiner Sicht lohnt es sich aber sehr, da dranzubleiben, weil es halt das eigene Leben wirklich sehr viel entspannter und energiereicher macht.
Alles Liebe, Generose