Bühnenangst und Spiegelneuronen – wenn die Nervosität nicht allein deine eigene ist

von | Mai 26, 2025

Was wäre, wenn das, was du auf der Bühne spürst – z.B. dein Lampenfieber oder deine Bühnenangst – gar nicht ausschließlich deins ist? Bühnenangst und Spiegelneuronen sind eine spannende Verbindung, die aus meiner Sicht viel zu wenig thematisiert wird. Bei jeglicher Art von Nervosität oder Aufregung auf der Bühne (oder in den Stunden oder Tagen davor) gehen wir automatisch davon aus, dass das „Problem“ in uns liegt. Dass es unser eigenes Nervensystem ist, das da gerade Alarm schlägt. Tatsächlich ist es oft eine Kombination.

In diesem Blogartikel erfährst du, was Spiegelneuronen eigentlich sind, was dieses Phänomen mit emotionaler Co-Regulation zu tun hat, was Hochsensibilität damit zu tun hat und was du tun kannst, wenn du zu den „Betroffenen“ zählst. Lass uns einsteigen!

Was sind Spiegelneuronen?

Spiegelneuronen sind Nervenzellen im Gehirn, die aktiv sind, wenn wir selbst Bewegungen ausführen oder Gefühle haben. Sie sind aber auch aktiv, wenn wir Bewegungen und Gefühle von anderen Menschen beobachten. Und das ist das Spannende an der ganzen Sache. Denn wenn wir andere Menschen beobachten, dann sorgen unsere Spiegelneuronen dafür, dass wir mitfühlen und dass es uns möglich ist, das alles – sowohl die Bewegungen als auch die Gefühle – nachzuahmen.

Für unsere Entwicklungen sind Spiegelneuronen unglaublich wichtig, weil Babys und Kinder im Endeffekt genau darüber lernen. Das bedeutet auch, dass sie bei uns allen grundsätzlich sehr gut ausgeprägt sind. Wie immer kann es natürlich sein, dass wir sie durch bestimmte Erlebnisse oder Erfahrungen ein bisschen runterfahren oder sogar abstellen. Inzwischen geht man in der Forschung davon aus, dass Spiegelneuronen ein wesentlicher Bestandteil der Empathiefähigkeit von Menschen ist. Denn sie sind im Endeffekt dafür zuständig, dass wir die Gefühle und Stimmungen anderer erkennen, sie verstehen und auch nachfühlen können.

Doch was passiert, wenn diese Spiegelneuronen überaktiv sind?

Was haben Bühnenangst und Spiegelneuronen miteinander zu tun?

Es kann sein, dass du auf der Bühne stehst mit anderen Menschen, die selbst wahnsinnig nervös sind. Und diese Nervosität kann bei dir andocken. Ganz wichtig: die kann nur bei dir andocken, wenn du grundsätzlich einen Rezeptor dafür hast. Also wenn du selbst auch manchmal nervös bist. Aber ganz ehrlich – wer ist das nicht?


Deshalb ist es ein durchaus häufiges Phänomen, dass die Nervosität oder Aufregung von anderen Menschen unsere eigene verstärkt bzw. dass wir selbst durch die Nervosität oder Aufregung von anderen überhaupt erst selbst nervös oder aufgeregt werden. Das liegt daran, dass unsere Nervensysteme – sobald wir mit jemandem gemeinsam irgendwo sind – in den Austausch gehen. Das hat seinen Ursprung in unserer ganz frühen Zeit. Denn zu Beginn unseres Lebens können wir uns noch nicht selbstständig beruhig. Wir sind darauf angewiesen, dass unsere Bezugspersonen uns regulieren. Und das funktioniert über das Nervensystem. Deshalb ist es auch so schwierig, ein dauerhaft schreiendes Baby zu beruhigen, weil unser eigenes Nervensystem dadurch dann schon so aktiviert ist, dass wir selbst nicht mehr in die Regulation kommen und damit das Nervensystem des Kindes nur unsere eigene Gestresstheit spiegeln kann. (Ein Gruß geht raus an alle Eltern hier – ihr fühlt das sicher!)

Woher kommt die Bühnenangst – wenn nicht von dir selbst?

Unsere Nervensysteme sind auf Kommunikation und Austausch ausgelegt. Das passiert völlig automatisch. Jetzt kann es sein, dass du normal aufgeregt (ein bisschen Adrenalin brauchst du ja für die Bühne, weil du dadurch wacher und leistungsfähiger wirst) auf die Bühne gehst – und auf einmal kickt die Nervosität. Plötzlich bist du unglaublich aufgeregt und hast keine Ahnung, wo das jetzt auf einmal herkommt.
In solchen Fällen empfehle ich dir in Zukunft, dass du mal schaust, wer so um dich herum ist und wie diese Menschen sich anfühlen. Schau mal, wie es deiner Bühnenpartnerin oder deinem Bühnenpartner geht. Vielleicht ist auch der oder die Dirigent:in höllisch nervös?!
Theoretisch kann es auch sein, dass du jemanden aus dem Publikum spürst. Allerdings würde ich das jetzt eher in die Sparte „hochgradig überaktive Spiegelneuronen“ rechnen. Normalerweise spürst du eher Menschen aus deinem näheren Umfeld oder Menschen, die dir emotional sehr nahestehen.

Deshalb ist es wichtig, dass du auch vor deinem Auftritt schaust, mit wem du deine Zeit verbringst. Denn wenn du direkt vorher mit super hochregulierten Menschen zusammen bist, dann kann es sein, dass du diesen Zustand dann schon übernimmst und – auch wenn die dann gar nicht mit dir auf der Bühne sind – dann in diesem Zustand bleibst.

Spiegelneuronen und Hochsensibilität

Hochsensibilität bedeutet, dass du überaktive Wahrnehmungskanäle hast bzw. dass deine Wahrnehmungskanäle so offen sind, dass dort einfach extrem viele Eindrücke reinkommen. Mehr als bei anderen Menschen. Deshalb sind hochsensible Menschen schneller mit bestimmten Situationen überfordert als andere. Und wenn du hochsensibel bist, dann nimmst du höchstwahrscheinlich auch sehr viel mehr wahr als andere Menschen.
Wenn du also schon weißt, dass du hochsensibel bist, dann ist es für dich doppelt wichtig, dass du dieses Phänomen im Blick hast. Denn du wirst den Nervensystemszustand von anderen vermutlich sehr schnell checken und schneller als du denken oder schauen kannst auch übernehmen.
Wenn du nicht hochsensibel bist oder es noch nicht weißt, dann solltest du dieses Phänomen aber trotzdem im Hinterkopf behalten, denn ich bin davon überzeugt, dass es bei allen Menschen passieren kann.

Dein Umgang mit Bühnenangst und Spiegelneuronen

Vermutlich fragst du dich: So. Und was tu ich jetzt mit dem Wissen?

Ja, das kann ich dir sagen. Und wie (fast) immer bei mir: eine schnelle Lösung gibt es nicht. Aber du wirst schon mit den kleinen Schritten einen Unterschied spüren können.

Schritt 1: Entwickle ein Bewusstsein dafür! Das schaffst du nur, indem du dich beobachtest. Wichtig ist vor allem, dass du deinen Zustand kennst, wenn NIEMAND anderer um dich herum ist. Denn das ist dein Vergleichswert. Nur wenn du das klar spüren kannst, wirst du feststellen können, was passiert, wenn du anderen Menschen begegnest.
Du checkst also deinen Körper- und Nervensystemszustand BEVOR du mit anderen in Kontakt gehst. Du machst eine Art Bodyscan und schaust: Wie fühlt es sich jetzt gerade in deinem Körper an.
Mein Tipp: Such dir vor allem die Stellen aus, an denen du sonst dein Lampenfieber, deine Aufregung bzw. deine Bühnenangst spürst.

Schritt 2: Mach den gleichen Bodyscan nochmal, wenn du entweder einen Raum betrittst, in dem andere Menschen sind. Oder wenn du direkt in Kontakt mit jemand anderem gehst. Ja, ich weiß, das ist nicht so leicht, in Begegnung den Fokus auf dem eigenen Körper zu lassen. Aber die Übung lohnt sich – das versprech ich dir.
Damit lernst du im Laufe der Zeit, was dein Körper tut, wenn er in Kontakt geht. Wie reagiert dein Nervensystem? Gibt es Unterschiede bei bestimmten Menschen?
So kannst du dann recht bald feststellen, ob das, was du gerade spürst, wirklich deins ist oder ob du das von außen übernommen hast.

Ursachenforschung führt dich zur Lösung


Schritt 3: Das große WARUM. Aus welchem Grund passiert dir das? Manchmal ist es einfach unbewusst und dann kannst du es durch reine Bewusstwerdung tatsächlich schon verändern. Wenn da allerdings ein tieferes Muster dahintersteckt (z.B. dass du anderen ihre unangenehmen Zustände abnehmen willst, indem du einen Teil davon trägst), dann wird sich da durch reine Bewusstswerdung noch nicht so viel ändern.

By the way: ich hab schon mit so vielen Menschen gearbeitet, die davon noch nie etwas gehört hatten und die dann durch dieses Beobachten und Spüren und dem Reflektieren über ihre frühen Erlebnisse draufgekommen sind: Oh my God! Ich mach das die ganze Zeit. Ich übernehme ständig Gefühle und Zustände von anderen Menschen und es gelingt mir auch nicht, sie dort zu lassen.

Wenn du das tust, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass du Verantwortung für die Gefühle und Zustände der anderen Menschen übernimmst. Dann geht es darum, zu üben, diese Verantwortung dort zu lassen, wo sie hingehört – bei den anderen Menschen. Das sind dann tieferliegende Muster, die auch eine tieferliegende Beschäftigung brauchen. Denn der Hintergrund sind meistens sehr tiefgehende Überlebensmuster, die ganz früh entstanden sind und dementsprechend sehr unbewusst funktionieren. Deshalb lassen sie sich auch nicht über das reine Denken und Bewusstwerden verändern. Es braucht die Arbeit auf Körper- bzw. auf Zellebene.

Mein Angebot an dich

Dieses Phänomen, das ich hier anhand von Lampenfieber und Bühnenangst erklärt habe, kann natürlich auch in jedem anderen Bereich unseres Lebens auftreten. Ich bin davon überzeugt, dass es große Teile unseres Lebens beherrscht, solange wir es nicht bewusst auf dem Schirm haben und uns darum kümmern.

Deshalb mein Angebot an dich: Beobachte dich, sammle deine Erkenntnisse. Meistens treten nach einiger Zeit die ersten Fragen auf. Dann melde dich bei mir! Stell mi deine Fragen. Ich freu mich, mit dir in den Austausch zu gehen. Und ich nehme diese Fragen auch gerne als Anlass für einen neuen Blogartikel oder eine Podcast-Folge.

Apropos Podcast: diesen Artikel gibts auch als Podcast-Folge. Du findest sie hier:

Gemeinsam nervös – wie sich Anspannung auf der Bühne überträgt

Du kannst natürlich auch einfach direkt ein Kennenlernen mit mir vereinbaren. Wir nehmen uns eine halbe Stunde Zeit, lernen uns kennen und schauen, ob ich dich in irgendeiner Form unterstützen kann.
(Falls du von der Coaching-Branche der letzten Jahre geschädigt bist und dich vor manipulativen Verkaufsgesprächen fürchtest: will not gonna happen! Ich stehe für Ehrlichkeit, Transparenz und vor allem Eigenverantwortung. Ich werde dir also ehrlich sagen, was ich denke und fühle und dir völlig frei die Entscheidung überlassen, ob du gerne mit mir arbeiten magst oder nicht. Kein Druck, keine Überredung, einfach ein Gespräch auf Augenhöhe!)

Ich freu mich auf dich!

Bis dahin teil diesen Artikel gerne mit jemandem für den oder die das interessant sein könnte.

Generose Sehr

Spezialistin für erfolgreiche und authentische Bühnenpräsenz und stabile Höchstleistungsfähigkeit

Ich brenne dafür, Menschen bei ihrer echten und erfolgreichen Bühnenpräsenz zu unterstützen.

Mein Credo: Technik berührt nicht – Persönlichkeit schon!

Wer wirklich mit der ganzen Persönlichkeit auf der Bühne steht, ist einzigartig, wiedererkennbar, unersetzlich und hochgradig leistungsfähig. Mein Herz schlägt für Visionär*innen und Menschen, die das Gefühl haben, in unserer Gesellschaft und in der Bühnenwelt fehl am Platz zu sein. Weil sie spüren, dass da noch so viel mehr möglich ist.
Ich selbst bin Entwicklungsjunkie und süchtig nach neuem Wissen und neuen Erfahrungen. Das hat dazu geführt, dass ich nach meinem Studium in Gesangspädagogik noch eine Ausbildung in Craniosaraler Körperarbeit und den Epigenetik Coach angehängt habe. Inzwischen bin ich bei IFS (Internal Family Systems) gelandet und da steht noch so einiges mehr auf der Liste.
Ich schreibe hier über Bühnenpräsenz, die Rolle von Stimme und Körper auf der Bühne, Lampenfieber und Höchstleistungsfähigkeit (High Performance). Mein Wissen und meine Erfahrung in den Bereichen transgenerationale Vererbung und frühkindliche und pränatale Prägungen fließt immer mit ein. Außerdem erzähle ich gerne meine eigenen Geschichten (oder die meiner Klient*innen), um zu zeigen, wie wir den alltäglichen Herausforderungen der Bühne und des Lebens begegnen können.

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